Beckenboden To Go – Folge 70: Hypopressive Techniken

Was sind hypopressive Techniken?

Die Technik ist in Deutschland tatsächlich noch gar nicht so verbreitet. Ich bin das erste Mal 2015 mit den Techniken in einem Rückbildungskurs in meiner Praxis in Berührung gekommen als eine Frau aus Argentinien mich darauf ansprach, weil die Technik damals schon in Argentinien sehr präsent war. Übergeordnet handelt es sich um eine Kombination aus Atmung und Faszienarbeit. Diese beiden Säulen werden dann in einer bestimmten Abfolge so zusammen geführt, dass eine Art Unterdruck im Bauch- und Beckenraum entsteht. Dadurch entstehen Impulse, die auf die Faszien einwirken. 

 

Die Technik eignet sich wunderbar für Senkungen, Verletzungen oder Operationen im Bereich der Körpermitte. Durch die druckumkehrende und organanhebende Wirkweise kann man die Technik auch gut bei Beckenbodenpatient*innen anwenden, die große Probleme haben die Muskulatur auszusteuern. Mit der Technik kann man erstmal den Fokus von den belastenden Beckenbodenproblemen wegnehmen und anders ansetzen. 

 

Man kann sich als Bild ein Schröpfglas vorstellen, welches im Körperinneren angesetzt wird und den Beckenboden nach oben Richtung Körperinneres zieht. Der Unterdruck zieht an den Faszien, was Auswirkungen auf alle Strukturen hat, die dafür verantwortlich sind die Organe zu halten. Über die Faszienzüge, beeinflusst das Training ebenfalls den gesamten Körper. 

 

Wie kann ich mir unter dem Vakuum vorstellen?

Es handelt sich dabei um die Druckumkehrphase, in der wir nicht nur nicht atmen, sondern auch den Sog nach innen oben kreieren. Das Vakuum ist die Atempause nach einer langen natürlichen Ausatmung. Das können wir mal zusammen ausprobieren: Du atmest ganz normal bis ans Ende deiner Ausatmung aus und dann musst du versuchen einzuatmen ohne wirklich einzuatmen, dazu kannst du am Anfang auch die Nase zuhalten. Wir lassen also die 

 

Atemhilfsmuskulatur arbeitet; wir sorgen dafür, das der Brustkorb in die Weite geht und der Bauch sich nach innen oben einziehen kann. 

 

Wir spüren dann oft schon nach den ersten Vakuumphasen kleine Effekte. Im Alltag kann das dann weniger Pippi-Pannen, Stabilität in der Mitte bei Heben und Tragen, weniger Schmerzen im Rücken und Beckenraum bedeuten. Die Effekte sind so vielseitig wie die Ziele, die die Frauen haben. Wir tracken dann diese Ziele, sodass wir wirklich messbare Erfolge haben. 

 

Wie lange sollte diese Vakuumphase dauern?

Wir trainieren meistens mit Frauen, die wirklich große Probleme haben. Wir trainieren daraufhin, dass die Vakuumphase am Anfang jeden Tag geübt wird, sodass wir innerhalb von ein bis zwei Monaten erreichen, dass die einzelnen Vakuum-Phasen ungefähr 12-15 Sekunden gehalten werden können. Und dann arbeiten wir an der Wiederholungsanzahl. Je nach Problem schauen wir, welche Intervalle sinnvoll sind. Generell ist die Technik nicht besonders zeitaufwendig, es braucht nur eine gewisse Minimalkonstanz. 

 

Kann man dann in den Vakuum-Phasen Übungen oben draufsetzen?

Meistens eher andersrum. Entweder wir nehmen von Beginn an eine passende Position ein und setzen dann die Vakuum-Phase auf die Position drauf oder für die Fortgeschrittenen läuft das parallel, sodass wir in der Bewegung beginnen die Vakuumphase zu ziehen und dann in der Endstellung halten. 

 

Die Hypopressiven Techniken wirken sich nicht nur auf meine Muskulatur aus oder?

Nein, über die Faszien können sich natürlich auch Emotionen lösen. Auch die Atemarbeit hat eine psychische Komponente, weil sie innere Ruhe und mentale Konzentration fördert. Es begegnet uns in fast jedem Kurs, dass eine eine Frau unvermittelt anfängt zu weinen. Oftmals will uns unser Körper schon eine ganze Weile etwas sagen und irgendwann gibt es kein Weg drumherum mehr. Wir geben den Frauen dann ein alltagstaugliches Werkzeug in die Hand damit umzugehen und in sich hinein zu fühlen. 

 

Vielen Dank, Britt! 


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