Beckenboden To Go – Folge 95: Beckenboden, Singen, Tönen und Atmen mit Alice Radha

Wann bist du in deiner Musikerinnenlaufbahn auf den Beckenboden gekommen?

Das ist eine super Frage. Ich war auf einem Musikgymnasium in Köln und musste mich dort neben Klavier für ein zweites Instrument oder Stimme entscheiden. Ich habe mich dann für Stimme entschieden und sozusagen eine klassische Gesangsausbildung gemacht. Die Lehrerin, die ich dort hatte, hat mir viel Technik beigebracht und immer von dem Korsett gesprochen. Ich habe also ohne es zu wissen den Beckenboden aktiviert. Dann gab es auch ein Leben vor Yoga und da war ich in Hamburg PR-Managerin und bin dort sehr gerne zu Pilateskursen gegangen. Juliana Afram war damals meine Pilateslehrerin und hat immer von dem Reißverschluss gesprochen, den man schließen muss. Damals habe ich gemerkt, dass mir das relativ leichtgefallen ist, obwohl der Beckenboden immer noch nicht beim Namen genannt wurde. Wieder später bin ich dann zum Yoga gekommen und dort wurde von Mula Bandha gesprochen. In den letzten Jahren ist mir dann bewusst geworden, dass ich den Beckenboden schon längst benutze, nur ich kannte es eben nicht unter dem Namen. 

 

Warum brauche ich denn um hoch zu singen meinen Beckenboden?

Beim hoch singen geht die ganze Aufmerksamkeit nach oben und wie immer im Leben geht es um Balance. Wenn ich also versuche hoch zu singen, muss ich unten fest machen. Ich brauche auch beim Singen eine Basis.  

 

Ton erzeugt ja Tonus. Heißt es, dass wenn ich beim Singen keine Spannung in meiner Beckenbodenmuskulatur habe, ich auch nicht so gut den Ton rauskriege?

Absolut! Wir brauchen zum Singen unsere Arme und Beine nicht, aber den Rest brauchen wir. Der Rumpf ist ein Resonanzkörper und der Kopf auch. Rein anatomisch sehen sich die Stimmbänder und der untere Beckenboden sehr ähnlich. Man kann auch einen ganz einfachen Test machen, indem man den Kiefer fallen lässt und auf den Beckenboden achtet. Man merkt, dass sich beim Senken des Kiefers auch der Beckenboden senkt. Die beiden Muskeln sind also eng miteinander verbunden. Und natürlich haben auch meine Einstellung sowohl im Körper als auch im Geiste unglaubliche Auswirkungen auf den Ton und den Tonus. 

 

Ich benutze in meiner Therapie häufig die Technik des Tönens und merke immer wieder, dass es Menschen unangenehm ist. Hast du eine Idee, warum das Tönen so schwerfällt?

Da fallen mir zwei Sachen ein. Zum einen kann es eine verspannte Kiefermuskulatur sehr schwierig machen, den Mund zu bewegen. Die Krux ist, dass ich genug Anspannung für das Singen haben muss, mich in dieser Anspannung aber auch wieder entspannen muss. Zum anderen bin ich in meinem Gesangsunterricht erstaunt, wie vielen jungen Menschen gesagt wird, dass sie nicht singen können. Und wenn junge Menschen das in der Schule oder auch von den Eltern hören, dann trauen sie sich oftmals nicht mehr. Die Aufgabe ist dann, dass es Spaß macht und die Freude wieder gefunden wird. Ich bin da sehr dankbar für die Mantras, weil das Singen da so frei ist. Die Stimme hat immer etwas mit der Stimmung zu tun, dass ist bei mir auch so, wenn meine Stimmung nicht so gut ist, dann ist auch meine Stimme zurückhaltender. Und wenn ich in meiner Kraft bin, ist auch meine Stimme lauter. 

 

Nochmal kurz zusammengefasst: Beckenboden und Zwerchfell haben eine Verbindung und der Beckenboden liebt eine aufrechte Haltung. Wenn ich zusammengefallen bin, dann können sich meine Lungen und mein Zwerchfell nicht so ausbreiten. Aufrechte Haltung ist also sowohl für Beckenboden als auch Gesang wichtig.

Ja und das ist total spannend. Ich beschäftige mich momentan mit traditionellem Tantra-Yoga und dort wird zum Beispiel auch immer von den drei Orten, wo die Luft hinkommt, gesprochen. Es gibt drei Fallschirme, wobei die Stimmbänder der erste sind, dann das Zwerchfell und dann kommt der Beckenboden. Es gibt im Yoga tatsächlich Übungen wie ich die Luft in die unterschiedlichen Drittel lenke. 

 

Im Zuge des Tantra-Yogas habe ich auch gelernt alle Übung aus dem Hara, also dem Zentrum des Körpers, welches zwei Querfinger unter dem Bauchnabel liegt, einzuleiten. Ich habe zum Beispiel normalerweise einen Entenpopo und wenn ich meinen Fokus auf das Hara lege, laufe ich auf einmal ganz aufrecht. 

 

Wir müssen auch noch über die Füße sprechen, weil die faszial gesehen eine wichtige Rolle in Bezug auf die Beckenbodenmuskulatur spielen. Wenn wir stehen und dann mit Schwung auf die Fußspitzen gehen, ist es eine so genannte Aufschubstrategie und kann bei einer Drangblase helfen.

 

Ah spannend! Ich muss gerade daran denken, dass es ja beim Yoga und auch beim Singen viel um Erdung geht. 

 

Hast du noch etwas wichtiges zu besprechen?

Nein, wenn es uns gelungen ist den Zusammenhang von Beckenboden und Stimme in verschiedenen Ansätzen zu verdeutlichen, dann bin ich ziemlich glücklich. Es gibt ja viele Wege den Beckenboden auszuspannen, die richtig sein können. 

 

Wo kann man dich finden?

Ich habe einmal im Monat in Hamburg ein Mantra singen, dafür kann man sich auf meiner Webseite www.aliceraderyoga.com anmelden. Zusätzlich bin ich in Norddeutschland auf Festivals, da findet man die Termine auch auf der Webseite.


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