Beckenboden To Go – Folge 83: Beckenbodentherapie und Stoma

Was ist ein Stoma?

Aus dem griechischen übersetzt bedeutet Stoma, Mund oder Öffnung. Durch eine Operation wird ein künstlicher Ausgang hergestellt. Es gibt dann je nach Ausgang einen: Kolostoma (Dickdarm), Ileostoma (Dünndarm), Urostoma (Blase) oder Tracheostoma (Luftröhre). Bei uns geht es heute vor allem um die Öffnungen des Darms. Wir sagen in der Klinik immer, dass jemand eine AP-Anlage bekommt. AP steht für anus praeter, preater steht dabei für zusätzlich, also ein zusätzlicher Anus. 

 

Warum kann es sein, dass ich ein Stoma brauche?

Bei uns in der Klinik sind es vor allem Darmkrebspatient*innen und Menschen mit entzündlichen Darmerkrankungen zum Beispiel Morbus Crohn, bei denen sich die Krankheit schon über viele Jahre zieht und ein Darmdurchbruch droht. Theoretisch können auch querschnittsgelähmte Personen ein Stoma bekommen, wenn es für sie so einfacher ist zu entleeren. 

 

Wie sieht die Operation aus?

Da bin ich jetzt natürlich nicht die größte Expertin, aber ich durfte auch schon bei Operationen dabei sein. Der betroffene Darmabschnitt wird entfernt und dann gibt es verschiedene Anlagen, aber ich sage jetzt mal ganz vereinfacht: der Teil oberhalb von dem kranken Gewebe wird an der Bauchwand festgenäht und außerhalb also an der Bauchdecke wird eine Trägerplatte aufgeklebt und auf diese Platte wird der Auffangbeutel befestigt und so kann der Stuhlgang, der von oberhalb kommt ausgeleitet werden. Der Teil darunter kann vernäht werden oder manchmal gibt es auch ein doppelläufiges Stoma, das heißt, dass vom oberen und unteren Darmabschnitt ausgeleitet wird. 

 

Es gibt auch die Möglichkeit ein Stoma wieder loszuwerden?

Ja genau, wenn zum Beispiel Teile des Enddarms entfernt werden, kann es sein, dass die Naht nur vorübergehend angelegt wird und der AP nur zum Schutz der Region da ist. Wenn die Heilung der Narbe nach 6-8 Wochen abgeschlossen ist, könnte das Stoma wieder verschlossen werden. Da ist dann ganz wichtig, dass man die Kontinenz der Patient*in prüft, bevor der AP zurückverlegt wird. Es ist für die Patient*innen ganz wichtig, dass sie ihre Kontinenz überprüfen lassen, weil es tatsächlich häufiger vorkommt, dass die Patient*innen mit ihrem Stoma zufriedener waren. 

 

Wie ist so ein Stoma aufgebaut?

Es gibt verschiedenen Stoma-Systeme, die aus einer Basisplatte bestehen, die auf die Haut um die Öffnung herum geklebt wird. Meistens muss man diese Klebeplatte mit der Schere etwas auf das Stoma zuschneiden. Dann wird das auf die Haut geklebt und oben auf die Platte kommt ein geruchsundurchlässiger Stomabeutel. Die Patient*in kann dann auf der Toilette ganz bequem den Beutel abklipsen und die Platte je nach Hautbeschaffenheit und Stelle mehrere Tage dran lassen. Die Stelle des Stomas ist ganz entscheidend und daher ist es auch ein wichtiger Moment vor der OP, wenn die Stoma-Therapeut*innen in Zusammenarbeit mit den Ärzti*innen die Stelle des Stomas aussuchen. 

 

Du hattest gesagt, dass es sehr wichtig ist bevor ein Stoma zurückverlegt wird, zu prüfen, ob die Person kontinent ist, wie kann ich mir das vorstellen?

Ich mache eine Palpation und schaue mit meiner Ultraschalluntersuchung an, wie der Beckenboden arbeitet und ob sich der anorektale Winkel verändert. Es gibt die Möglichkeit über einen Einlauf zu schauen, ob die Patient*innen das Spüren und Halten können. 

 

Wenn die Entscheidung dafür getroffen ist, machst du dann vor dem Wiederanschluss Beckenbodenphysiotehrapie?

Generell ist Gang und Gäbe, dass man am Tag vor der Anlage mit der Physiotherapie beginnt und wenn es dann zur Rückverlagerung kommt, ist man meistens schon zwei Woche Expert*in. Gerade bei Krebspatient*innen, die erst vor kurzem ihre Diagnose bekommen haben, ist es manchmal ein bisschen schwierig, weil die natürlich noch ganz andere Sachen im Kopf haben. Was wir aber auf jeden Fall machen, ist die klassische Physiotherapie in Kombination mit Atemtraining, sodass die Patient*innen einfach nach der großen OP mit der Narkose, der Bettlägerigkeit und den vielen Schläuchen, möglichst schnell wieder auf die Beine kommen. 

 

Wie sieht denn die Beckenbodentherapie bei dir aus?

Am Tag der OP sind die Patient*innen meistens auf der Intensivstation und da fangen wir meistens mit mini kleinen Bewegung im Bett an. Sehr wichtig ist es da dann auch die Patient*innen relativ schnell an die Bettkante und in den Stand zu bekommen. Da übe ich meistens den schonenden Lagewechsel. Wir schauen uns dann auch die Aufrichtung an, weil die Patient*innen meistens durch die Narbe damit Probleme haben. Dann gehört auch die Beratung über den Toilettengang dazu. Ich empfehle den Patient*innen auf Toilette zu gehen und zu versuchen sich an das Gefühl des Stuhlgangs zu erinnern, auch wenn gar nichts kommt. Ich empfehle auch den Reiz des Toilettenpapiers als tägliche mini Wahrnehmungsübung zu nutzen. Je nachdem wie kooperativ die Patient*innen sind, steige ich auch weiter ins Beckenbodentraining ein. Generell empfehle ich allen Patient*innen wieder zu ihrem Aktivitätslevel vor dem Stoma zurückzukehren; sei es Spazieren, Schwimmen oder Ski fahren. Und da kann natürlich auch eine Begleitung durch Physiotherapie nach der Klinik sinnvoll sein. 

 

Ich erinnere mich an eine Patient*in, die schon seit ca. einem Jahr ein vorübergehendes Stoma hatte. Hast du da noch Tipps, was man als Therapeut*in tun kann?

Was mir da noch einfällt sind Elektrostimualtion und Biofeedback. Diese Einläufe sind übrigens auch super, um die Schleimhäute zu befeuchten und das Gefühl des Entleerens wieder in Erinnerung zu rufen. Und ansonsten die klassischen Beckenbodenübungen. Super finde ich auch, wenn man Patient*innen die Beckenboden An-und Entspannung mal im Ultraschall zeigt. 

 

Kann ich mit einem permanenten Stoma alles machen?

Ja, man kann fast alles machen. Die wenigen Dinge, die man nicht machen sollte, ist alles, was extrem ist zu Beispiel schweres Gewicht heben. Ich hatte sogar schon mal eine Triathletin, die in ihrem Sport zurückgekehrt ist. 

 

Magst du kurz noch was zum Thema Ernährung sagen? 

Bei uns kommt jemand aus der Klinikküche und klärt die Patient*innen auf. Ganz wichtig ist, dass die Patient*innen sehr viel trinken. Sie sollten blähende, säurehaltige und schwer verdauliche Lebensmittel gerade am Anfang vermeiden. Auch langfaserige Lebensmittel sind schwierig. Dem Körper fehlen dann halt auch die Mineralstoffe und Elektrolyte, die normalerweise vom Darm aus der Nahrung aufgenommen werden. Eventuell müssen dann halt noch bestimmte Mineralstoffe zugeführt werden. Ganz wichtig ist auch noch die Narbentherapie. Das Gewebe drumherum muss im abgeheilten Stadium behandelt werden, damit man genug Mobilität der Haut und der darunter liegenden Faszien hat. 

 

Wie erreicht man dich?

Über Instagram unter beckenbodentherapie_Heidenheim oder Beckenbodentherapie-heidenheim.de.

https://www.instagram.com/beckenbodentherapie_heidenheim/?hl=de

https://beckenbodentherapie-heidenheim.de/

 


Neugierig geworden?

Kommentar schreiben

Kommentare: 0