Was genau war 2017?
2017 habe ich zum aller ersten Mal das Wort Rektusdiastase gehört. Bis zu dem Zeitpunkt war dies ein Wort, das ich leider noch nicht kannte. Und das obwohl mir das eigentlich schon seit meiner Geburt 2014 ein Begriff hätte sein sollen. 2017 in meiner zweiten Schwangerschaft, hat meine Hebamme mich abgetastet und die Rektusdiastase festgestellt.
Weitere Infos zur Rektusdiastase erhaltet ihr in diesem Blog oder diesem
Nach der Geburt wurde bei mir eine sehr, sehr große Rektusdiastase festgestellt, sodass die Hebamme beide Hände dort reinlegen konnte. Ab diesem Zeitpunkt wusste ich, dass ich etwas tun muss, auch wenn ich mit dem Begriff immer noch
nicht so viel anfangen konnte.
Wie hast du die Rektusdiastase im Alltag nach der Geburt gemerkt?
Der Bauch hat sich nur relativ langsam zurückentwickelt. So wirklich körperlich habe ich es erst nach dem Wochenbett gemerkt, dass ich noch recht Instabil bin. Ich habe zu dem Zeitpunkt dem ganzen nicht ganz so viel Beachtung geschenkt,
ich wusste, dass ich eine habe und habe etwas gegoogelt, aber mit zwei kleinen Kindern zu Hause liegt der Fokus doch woanders. Mein zweites Kind habe ich sehr früh auf dem Rücken getragen, weil ich gemerkt habe, dass es sich am Bauch einfach nicht gut anfühlt. Als der Kleine dann etwa ein Jahr alt war, hatte ich das Gefühl, dass es mit meinem Bauch schlimmer wird. Ich war schon immer ein recht sportlicher Mensch. Ich habe vor meiner ersten Geburt krankheitsbedingt etwas zu viel auf den Rippen gehabt, habe in beiden Schwangerschaften etwa 30 Kilo zugenommen, die ich auch nach der zweiten
Geburt nach einem Jahr noch nicht runter hatte. Beim Chirurgen wurde dann ein Nabelbruch festgestellt. Da dieser aber sehr
klein war, wollte der Chirurg die Operation erstmal noch abwarten und dem Körper Zeit geben. Bei diesem Termin habe ich dann auch erstmalig nach der Rektusdiastase gefragt. Heute weiß ich, dass es eine Diskrepanz gibt, zwischen dem was man fühlt und dem was man im Ultraschall sieht. Der Arzt sprach von 3-4 Zentimeter um den Bauchnabel rum, selber getastet waren es aber 8 Finger. Er sagte ebenfalls, dass bei mir auch viel Fettgewebe vorhanden ist und das eine Abnahme der erste Schritt sein könnte. Ich habe dann relativ schnell sehr viel Gewicht verloren. Ich habe dann wieder viel Sport gemacht, unter anderem HIIT und Halbmarathon-Läufe und das alles mit der Rektusdiastase. Was ich dabei herausgefunden habe ist, dass Übungen wie Crunches, Russian Twists etc. nicht geeignet sind bei einer Rektusdiastase. Und ich habe auch viele andere
Übungen gemacht, die nicht ganz so optimal sind, einfach, weil ich es nicht besser wusste. Ich habe z.B. geplankt, Liegestütze gemacht und Yoga. Aber von der Stabilität her wurde es im Grunde immer schlimmer. Trotz körperlicher Fitness habe ich es nicht geschafft den Einkaufswagen um die Kurve zu schieben. Etwa 2 Jahre nach der zweiten Geburt habe ich mich nochmal intensiver mit dem Thema auseinandergesetzt, weil ich mich mit dem Ist-Zustand nicht abfinden wollte.
Ich habe dann mit der App Mamas Mitte etwas trainiert und habe auch festgestellt, dass es besser wird. Die App ist definitiv ein guter Einstieg. Aber auch hier kam ich an den Punkt, an dem ich nicht weiterkam. Was mir gefehlt hat, war insbesondere, meinen Alltag auch entsprechend anzupassen.
Hast du Tipps, wie man den Alltag anpassen kann?
Die einfachsten Tipps im Alltag sind: Wenn ich mein Baby wirklich tragen muss, dann auf dem Rücken, ansonsten so wenig wie möglich tragen.
Das zweite ist darauf zu achten, wie ich mich hinlege und wie ich aufstehe. Es ist ganz wichtig, dass man sich über die Seite hinlegt und auch über die Seite aufsteht. Das bedeutet, dass der Kopf auf dem Boden liegt und erst dann wird sich auf die Seite gedreht. Es ist wichtig, den Kopf in Rückenlage liegen zu lassen! In der Schwangerschaft verändert sich die ganze Körperform. Das Becken wird nach vorne gekippt, der Po geht nach hinten, der Bauch wird nach vorn gewölbt. Wir haben ein leichtes Hohlkreuz und um das auszugleichen, gehe die Schultern nach vorne. Hier ist es wichtig im Alltag darauf zu achten, die Knie weich zu lassen, das Becken mal neu auszurichten, so dass man etwas aus dem Entenpo herauskommt oder die Schultern nach hinten zieht. Das kann man im Wochenbett schon etwas üben und vor allem auch vor dem Spiegel. Wichtig ist, das Kind nicht auf der Hüfte zu tragen, weil man so in eine Schieflage kommt und so ist es schwer die Tiefenmuskulatur anzusteuern und in dem Moment, wo mein Becken schief steht, kann ich auch meinen Beckenboden nicht so intensiv ansteuern.
Wie ging es nach der App weiter? So wirklich eine Lösung hattest du bis dato ja noch nicht.
Ich habe dann in einer Facebook Gruppe immer mal wieder Beiträge einer Therapeutin gelesen. Diese arbeitet nach dem Tupler Programm. Mich hat an dem Programm fasziniert, dass es auf 4 Säulen basiert. Eine ganz wichtige Säule ist auch der Alltag. Zu der Zeit war ich psychisch in einer nicht so guten Verfassung und dachte mir, wenn ich dieses Programm mache, dann tue ich etwas für mich. Ich war bis auf am Wochenende hauptsächlich alleine mit den Kindern und ich brauchte etwas Struktur. Dieses Programm hat mir dann geholfen, mir dreimal am Tag nur für mich Zeit zu nehmen. Da entstand dann auch der Gedanke, um die Motivation aufrechtzuerhalten und dranzubleiben, mir ein Instagram Account zu erstellen, um diesen wie eine Art Tagebuch zu nutzen. Meine Therapeutin ist ebenfalls bei Instagram vertreten und ich habe relativ schnell viele Personen gehabt, die mir gefolgt sind.
Um Gewohnheiten zu etablieren, braucht man eine gewisse Zeit. Die ersten 6 Wochen braucht man, um sich daran zu gewöhnen und um es dann nachhaltig zu etablieren, sagt man, braucht man zwischen 3 und 6 Monaten. Das Programm läuft 18 Wochen lang und über die Zeit habe ich in Storys und IG-TV meine Erfahrungen geteilt. Und dadurch sind immer mehr Personen auf meinem Profil dazu gekommen und es gab immer mehr Fragen.
Das war für mich ein Wendepunkt, denn vorher hatte ich nicht mehr wirklich viel Lebenslust und da haben mich meine Kinder quasi gerettet. Ich habe schon immer gern mit Menschen gearbeitet und die Fragen wurden immer mehr und somit kam die Frage, was mache ich denn nun mit mir. Man kann auch nicht jeden immer woanders hin verweisen, irgendwie braucht
man doch eine Basis den Leuten helfen zu können. Und die bloße Erfahrung bei mir ist keine Basis. Das sieht man leider viel zu häufig, gerade auf sozialen Medien. Man kann nicht einfach irgendwas nehmen, es über alle stülpen und sagen, dass es funktioniert. Dafür sind die Menschen einfach zu individuell. Ich habe mir dann gesagt, du stehst hier an einem Wendepunkt und weißt nicht, wie es weitergeht. Beruflich war ich aufgrund von Krankschreibungen komplett raus. Und somit habe ich mich mit meinem Körper beschäftigt und habe dann meine Online-Trainerlizenz angefangen und abgeschlossen, um den Körper vollumfänglich zu verstehen. Das hat mir ganz viel mitgegeben. Ich habe mich weiterhin immer sehr viel weitergebildet, viel von verschiedenen Fachleuten und Pionieren gelesen. Mit dem Wissen habe ich festgestellt, dass ich
weiterhelfen konnte und Tipps geben konnte. Damit kam auch das erste Feedback, das ich und meine Tipps Betroffenen weiterhelfen konnte. Aus meinem Umfeld kam dann auch relativ schnell die Frage auf, warum ich das nicht beruflich mache, weil ich doch so viel mehr Wissen mir angeeignet hätte, als viele Therapeuten haben. Du bist doch sowieso in der Schwebe, du willst nicht zurück und warum versuchst du es nicht einfach mit der Selbständigkeit? Du siehst doch, dass es schon funktioniert und du viele tolle Rückmeldungen bekommst.
Dann habe ich mit Personal Training angefangen, sowohl mit Männern als auch Frauen, um zu verstehen, wie der Körper im Einzelfall arbeitet. Das war für mich so der Einstieg. Dann habe ich mich auf der Seite Rektusdiastase.info listen lassen, weil dort alle Berater*innen und Therapeut*innen gelistet, die entsprechenden Fortbildungen im Bereich Rektusdiastase haben.
So fing es an, ich habe viele verschiedene Bäuche getastet und mich fasziniert das nach wie vor zu schauen, wie funktioniert das beim Einzelnen. Ich habe unter anderem auch gelernt, dass man von der Optik überhaupt nicht erahnen kann ob und wie groß eine Rektusdiastase ist. Die beste Befundungsart ist also tatsächlich das Abtasten.
Was hältst du von dem Tasten in den Rückbildungskursen?
Finde ich schwierig, weil es oft im angespannten Zustand stattfindet. Ich habe häufig Mütter, die zu mir kommen, die sagen, dass das Gewebe noch weich ist. Die Frauen sind dann häufig sehr enttäuscht, wenn ich dann im nicht angespannten
Zustand messe. Wobei die Größe eigentlich keinen Unterschied macht, da man ja die Symptome hat. Man hat Schmerzen, man hat Verdauungsprobleme, man kann nicht so belasten wie man möchte etc., da ist es ja eher zweitrangig, wie
groß die Rektusdiastase tatsächlich ist. Die Probleme müssen ja behoben werden. Ich kenne Personen mit einer sehr breiten Diastase, die überhaupt keine Probleme habe. Die Personen sind meist genervt davon, dass der Bauch so weit vorsteht. Sprich, es stört nur die Optik.
Ich habe zum Beispiel auch eine Frau in der Behandlung gehabt, die 14 Jahre lang mit Schmerzmittel gearbeitet hat und nach 3 Wochen im Programm keine Schmerzen mehr hat. Das sind wirklich schöne Erfolgserlebnisse. Da war ganz klar, dass die Rumpfstabilität einen riesen Einfluss auf die Thematik hat. Aber das muss auch nicht immer so sein. Das ist alles sehr individuell.
Du hast dann entschieden, dich hauptberuflich um das Thema Rektusdiastase zu kümmern und bietest das Tupler Programm an?
Ich biete das Tupler Programm an. Und mache das 18 Wochen Programm nach wie vor auch selber. Wenn ich beispielsweise mal eine Knieverletzung hatte, muss ich mich ja auch immer wieder darum kümmern. Deswegen fand ich das Programm
auch so smart, weil es eben auch auf den Alltag Rücksicht nimmt. Ich begleite meine Kunden so, dass es in den Alltag passt. Eine Mutter beispielsweise mit 4 Kindern, hat nicht viel Zeit. Und wenn ich nur auf ein Programm am Tag setze, wo die Mutter drei Mal am Tag Übungen machen soll, wie realistisch ist es dann dieses Programm einzubringen?
Grundsätzlich gilt natürlich, von nichts kommt nichts. Man muss auch hin und wieder die Pobacken etwas zusammenkneifen und sich die Zeit nehmen und üben. Es muss einfach zur Gewohnheit werden. Deswegen schaue ich immer, wie das Programm in den Alltag passt. Denn es bringt nichts, wenn man 6 Wochen durch powert und es danach einfach schleifen
lässt, weil es nicht in Alltag reinpasst. Viele Mamas machen es auch nicht wirklich nach Plan, aber schauen eben, wie
sie was in den Alltag unterbekommen, damit sie langfristig dranbleiben.
Wie erreichen dich die Menschen, Becky?
Einen kleinen Einblick bekommt man auf Instagram unter: bemomandfit oder auf meiner Website: www.bemomandfit.de.
Auf meiner Website gibt es auch viel schon zum Thema Rektusdiastase. Ich habe auch einen Blog, um einige Themen etwas intensiver zu behandeln.
Was würdest du abschließend den Menschen noch gern mitgeben?
Zum einen möchte ich gern mitgeben, dass sie sich nicht verschrecken lassen sollen. Wenn man denkt, dass man Betroffen ist, einmal zu hinterfragen, ob man auch wirklich Probleme hat. Oder ist es nur, weil ich denke, dass es nicht so wie vorher aussieht. Eine Rektusdiastase ist in dem Sinne ja nichts lebensbedrohliches. Wenn man das aber untersuchen lassen möchte, dann soll man sich wirklich auch fachkundige Hilfe suchen. Es kann auch sein, dass das Ergebnis schwankt, gerade im Bezug auf den Zyklus. Nach der Diagnose muss man dann gucken, was möchte man machen. Man kann durch eine App oder ein
Programm starten. Da zählt es einfach zu schauen, was tut mir gut, was hilft mir und wo bekomme ich diese Hilfe. Auch bei denjenigen, die sich für eine OP entscheiden, ist es genau so wichtig, vorher vorbereitend etwas zu machen. Auch hier kann das Tupler Programm unterstützen.
Neugierig geworden?
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