Heute begrüßt das Bewegunszentrum Norderstedt im Podcast „Beckenboden to go“ Sarah Ege (Diplom Sportwissenschaftlerin und Prä- und Postnatal Expertin).
In dieser Folge geht es um den Beckenboden in der Schwangerschaft und dem Wochenbett.
Was hilft gut und was solltest du eher nicht machen?
Rund um die Beckenbodenmuskulatur gibt es natürlich so einige Mythen. Um damit etwas aufzuräumen, möchten wir in dieser Folge einige Fragen über den Beckenboden während der Schwangerschaft und im Wochenbett klären.
Darf oder sollte die Beckenbodenmuskulatur in der Schwangerschaft trainiert werden?
Am Ende der Schwangerschaft soll das Baby durch den Beckenboden das Licht der Welt erblicken. Deshalb ist es sinnvoll, überhaupt erst einmal zu wissen, wo die Beckenbodenmuskulatur liegt und wie ich diese aktiviere und vor allem entspanne. Gerade die Entspannung ist natürlich während der Geburt sehr wichtig. Training darf sein. Wichtig könnte sein: nutze die Ausatmung um in die Entspannung zu gehen.
Was sind die Aufgaben des Beckenbodens in der Schwangerschaft und bei der Geburt?
Der Beckenboden trägt unser gesamtes Innenleben. Und dort kommt während der Schwangerschaft ja noch einiges dazu, unter anderem das Baby, der Mutterkuchen und das Fruchtwasser. Dadurch verändert sich auch die Bauchmuskulatur und durch diese Verschiebung, ändert sich ebenfalls die Position des Beckens. Es wird Platz für das Baby geschaffen. Da dies eine sehr hohe Belastung für den Beckenboden ist, solltest du schon vor der Schwangerschaft deinen Beckenboden trainieren.
Was kann ich Gutes für meinen Beckenboden während der Schwangerschaft tun?
Der Beckenboden muss sehr viel arbeiten, daher ist vor allem Entspannung ein wichtiges Thema. Eine Entlastung erreichst du unter anderem durch die Kindsposition (das Becken wird aus dem Vierfüßlerstand nach hinten geschoben. Das Becken befindet sich dabei in einer höheren Position als der Rest des Körpers). Auch Wahrnehmungsübungen sowie das bewusste Loslassen des Beckenbodens kann während der Schwangerschaft trainiert werden. Das wichtigste für die Beckenbodenmuskulatur ist es, eine gute Positionierung beizubehalten und nicht zu sehr ins Hohlkreuz zu gehen, also an der Haltung können wir gut arbeiten. Auch die Füße stehen in enger Verbindung mit dem Beckenboden und werden durch die
Schwangerschaft in Mitleidenschaft gezogen. Das Gewebe wird weicher und das Gewicht größer, durch diese Mehrbelastung muss auch der Fuß mehr arbeiten. Fußgymnastik sowie einfaches barfuß gehen oder auf den Ballen zu gehen, sind einfach Tipps, die sich auch in den Alltag integrieren lassen.
Was kann ich im frühen Wochenbett tun?
Im frühen Wochenbett (0- 14 Tage nach der Geburt) sollte noch kein klassisches Training stattfinden. Meist verspürt die Mutter auch keine Lust dazu. Das ist auch vollkommen in Ordnung, denn auch die Rezeptoren wurden sehr belastet und unter Umständen dauert es sogar einige Tage, bis man überhaupt wieder ein Gespür für seinen Beckenboden entwickelt.
Eine sanfte Übung, kannst du allerdings machen: Den Beckenboden über die Atmung anzusteuern. Die bewusste Atmung kann ebenfalls beim Entspannen helfen. Es wird eine tiefe Bauchatmung ohne jeglichen Druck empfohlen.
Muss ich nach einem Kaiserschnitt meine Beckenbodenmuskulatur trainieren?
Auch wenn während der Geburt vielleicht keine vaginalen Verletzungen stattfinden, gibt es ja eine starke Dehnung der Bauchdecke etc. Genau genommen ist sogar die gesamte Schwangerschaft nicht nur eine starke Herausforderung, sondern eigentlich auch eine Überlastung. Aus diesem Grund solltest du auch nach einem Kaiserschnitt deinen Beckenboden trainieren.
Wie kann ich meinen Beckenboden noch unterstützen?
Der wichtigste Beckenboden-Hack ist das Aufstehen über die Seite, da dadurch die Bauchdecke geschont wird. Dies wird auch schon wenn das „normale“ aufstehen noch geht, empfohlen. Denn jede vermeidbare Belastung der Bauchdecke ist gut für den Körper.
Kann ich im frühen Wochenbett Fußübungen machen?
Das frühe Wochenbett ist genau genommen hauptsächlich zum Liegen und erholen da. Jedoch kannst du deine Füße leicht kreisen lassen und wenn du gehst, deine Füße bewusst abzurollen. Das hilft dabei den Venenfluss zu verbessern und minimiert das Thromboserisiko. Mittlerweile wird das Wochenbett leider etwas Stiefmütterlich behandelt, dabei sollte man
sich mindestens eine Woche, Sarah Ege empfiehlt allerdings mindestens 10 – 14 Tage, wirklich hauptsächlich schonen, erholen und atmen.
Wie sollte ich mich auf das Wochenbett vorbereiten?
Wir wollen oft viel zu viel und das viel zu schnell. Dabei ist die erste Mama-Zeit die Zeit, in der wir runterkommen dürfen, einfach mal nichts tun dürfen, außer uns um unser Neugeborenes zu kümmern. Deswegen ist es wichtig, dass Wochenbett gut zu organisieren. Wer unterstützt mich, wer kocht für mich, wer räumt auf, etc. all das sollte bereits im Vorwege geklärt sein, damit sich Mama und Kind guten Gewissens ausruhen könne. Die Schonung des Beckenbodens ist beste Rückbildung im Wochenbett. Und die ersten 6 – 8 Wochen sollte nach Möglichkeit unnötiges Rumrennen, Schleppen etc. vermieden werden.
Natürlich ist das nicht immer möglich, das ist klar, doch bei vielen wäre es möglich, aber Mensch gönnt sich das nicht, weil wir meinen es nicht zu brauchen und so gerne unabhängig sind.
Was kann ich nach dem frühen Wochenbett, also nach etwa 14 Tage nach der Geburt tun?
Du kannst langsam anfangen einige bekannte Übung wieder auszuprobieren. Wichtig ist es, dass du dabei immer auf den eigenen Körper hörst. Die eigentliche Rückbildung findet klassischerweise etwa 6-8 Wochen nach der Geburt statt.
Tipps, um den Beckenboden zu trainieren:
1. Schwamm-Übung:
Stell dir vor du hast einen Schwamm in deinem Beckenboden und versuchst diesen auszuwringen, anschließend soll sich der Schwamm wieder mit Wasser füllen. So trainierst du die bewusste Ent- und Anspannung des Beckenbodens
2. Fuß-Arbeit:
z.B. beim Zähne putzen auf der Stelle marschieren sowie ganz bewusstes Abrollen des Fußes.
3. Becken bewegen
Das Becken schaukeln oder reisen, um den Bereich wiederzubeleben.
Super Tipp:
An den Orten, wo man länger steht (bspw. Küche oder Wickelkommode) ein dickes Buch, ein Yoga-Block oder einen kleinen Hocker bereitstellen, so dass man immer mal wieder den einen oder anderen Fuß darauf platzieren kann, um das Becken in eine neutrale Stellung zu bringen. Das klappt auch gut beim Spaziergang mit dem Kinderwagen, wenn man zum Klön-Schnack anhält. Einfach einen Fuß auf den Reifen platzieren.
Und zu guter Letzt noch einmal:
Eine Geburt bedeutet, dass Verletzungen stattfinden – das muss auch nicht zwingend vaginal oder am Damm sein. Selbst das Ablösen der Plazenta verursacht eine etwa Frühstücksteller große Wunde. Deswegen solltest du dir auch die Zeit nehmen das entsprechend auszuheilen. Und für das Baby gibt es nichts schöneres, als ganz entspannt mit Mama im Bett zu kuscheln, gestillt zu werden, wann immer es möchte und ganz gemächlich in dieser neuen, fremden Welt anzukommen.
Wir wollen so häufig zu schnell zu viel. Nehme dir die Zeit, die es braucht!
Neugierig geworden?