Nachdem wir in dem letzten Blogbeitrag über unsere Spezialisierung auf das Thema Beckenbodentherapie gesprochen haben, kamen einige Rückfragen von Euch, wie wir ausgerechnet auf das Thema Beckenbodentherapie kamen.
Wie wird Mensch Beckenbodentherapeut*in?
Ann-Kathrin Foß berichtet:
In meiner Anfangszeit als Physiotherapeutin habe ich nebenberuflich die Ausbildung zur Pilatestrainerin absolviert. Pilates Training bedeutet Training der “Core”-Muskulatur, also der Rumpfmuskulatur, noch genauer gesagt: der tiefliegenden und stabilisierenden Muskulatur. Hierzu gehört unter anderem die Beckenbodenmuskulatur. In den Pilates Präventionskursen, die ich dann geben durfte, ging es hauptsächlich erst einmal um das Kennenlernen dieser “Core”-Muskulatur und neben der Wahrnehmung auch um die Aktivierung und Entspannung der Beckenbodenmuskulatur.
Wie aktiviere ich die Beckenbodenmuskulatur und hat jeder Mensch diese Muskeln?
Schnell stellte ich fest, dass die Beckenbodenmuskulatur nicht sehr bekannt war. Wie auch. Diese Muskeln arbeiten für uns, ohne dass wir sie von Außen sehen. Sie arbeiten reflektorisch, was soviel bedeutet wie: “Wenn die Beckenbodenmuskulatur schwingungsfähig ist, sich anspannen und entspannen kann, ihre Haltefunktion erfüllt und keine Schmerzen verursacht, tritt sie nicht als einzeln abgebildete Muskelgruppe im Gehirn auf.” Sie ist uns nicht bewusst.
Bewusst wird die Beckenbodenmuskulatur dann jenen Menschen, die eine “Fehlfunktion” feststellen. Fehlende Entspannungsfähigkeit kann zu Problemen bei der Ausscheidung von Urin oder Stuhl führen, genauso auch eine fehlende Aktivierung. Die Haltefunktion kann durch Schwangerschaft und Geburt überreizt sein und es kann zu Schmerz Symptomen kommen. Die Ursachen sind so vielfältig wie die Symptome, aber eins haben viele Menschen, die betroffen sind, gemeinsam: “Der unkontrollierte Abgang von Winden, Stuhl und/oder Harn, an den ungünstigsten Orten und zu unkalkulierbaren Zeitpunkten, kann zu einem hohen Leidensdruck führen. Da diese Themen weiterhin sehr schambehaftet sind, kann es dauern, bis Betroffene sich Unterstützung holen und erleben in dieser Zeit Ohnmacht und sozialen Rückzug.”
Für viele Menschen ist es sehr viel leichter, eine Kino-Verabredung wegen Migräne oder einen Spaziergang wegen Knieschmerzen abzusagen, als der Kino Verabredung zu sagen, dass die Vorstellung zu lange dauert und das Aufstehen, um zur Toilette zu gehen, mitten im laufenden Film unangenehm ist. Und der Spaziergang um den See nicht möglich ist, da es keine Toilette in der Nähe gibt.
Pilates als Beckenbodentraining
So kam es, dass nach meinen Pilates-Beckenboden-Stunden vermehrt Menschen auf mich zu kamen und, so fühlte es sich teilweise an, mir “gestanden”, dass besonders der Text zur Aktivierung der Beckenbodenmuskulatur im Pilatestraining sie motiviert hatte sich zu meinen Kursen anzumelden.
Ich wurde neugierig und ein aktivistischer Anteil in mir wurde laut und ich dachte: “Es darf nicht sein, dass Menschen sich aus ihrem sozialen Leben zurückziehen, was zu Depressionen führen kann, weil wir gesellschaftlich dafür gesorgt haben, dass der Beckenbereich eine Tabu-Zone ist, Ausscheidung etwas ekliges und Funktionseinschränkungen “da unten” niemanden etwas angehen.
Es folgten viele Fort-und Weiterbildungen. Ich fühlte mich jedes Mal bestärkt, weiter zu machen. Der Bedarf ist groß und so erarbeitete ich mit meinen Kolleg*innen das Konzept zur Spezialisierung auf das Feld der Becken-(boden-)therapie.
Gleichzeitig möchten wir damit ein Zeichen setzen:
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